Sexualpädagogische Konzeption „Gemeindliches Haus für Kinder Ährenfeldfüchse“
Die sexualpädagogische Konzeption ist Grundlage und Richtlinie zugleich im Hinblick auf die Arbeitsweise des pädagogischen Personals der Einrichtung. Gleichermaßen dient sie der Schaffung von größtmöglicher Transparenz für die Eltern der uns anvertrauten Kinder, sowohl im Kindergarten als auch im Hort, um aufzuzeigen, wie wir im Rahmen unseres pädagogischen Auftrags (Vorgabe im Bayerischen Bildungs- & Erziehungsplans, kurz: BEP) sowie im akuten Bedarfsfall altersgerecht mit sexualpädagogischen Themen umgehen.
In dieser Konzeption sind Begriffserklärungen, Definitionen, die sexuellen Phasen eines Kindes, die Ziele der sexualpädagogischen Themenbegleitung und die Zusammenarbeit mit den Eltern erläutert.
Um ein besseres Verständnis unserer Arbeit in diesem Bereich zu vermitteln, gehen wir im Folgenden kurz auf einige Begrifflichkeiten ein, die in der sexualpädagogischen Arbeit besonders wichtig sind bzw. altersbedingt häufig auftreten.
1.1 Sexualpädagogik
Die Sexualpädagogik, ein Teilbereich der Pädagogik, berücksichtigt die direkte und indirekte Einflussnahme auf die sexuellen Motivationen des Kindes. Beispiele hierfür können die primären Bezugspersonen eines Kindes (direkte Einflussnahme) oder Werbung beziehungsweise Videos (indirekte Einflussnahme) sein. Außerdem berücksichtigt die Sexualpädagogik Ausdrucks- und Verhaltensformen sowie die individuelle Einstellung von Menschen mit Blick auf die unterschiedlich ausgelebten Formen der Sexualität.
1.2 Sexualerziehung
Die Sexualerziehung berücksichtigt die Begleitung von Kindern in ihrem jeweiligen Alter, ihrem aktuellen Entwicklungsstand sowie ihrer jeweiligen Geschlechterrolle entsprechend ihrer Bedürfnisse. Dabei steht die sexuelle Selbstbestimmung im Fokus, für einen verantwortungsvollen Umgang mit sich selbst und anderen. Auch die sexualpädagogische Beratung zwischen dem Fachpersonal und den Erziehungsberechtigten ist ein Teil der Sexualerziehung.
1.3 Sexualaufklärung
Sexualaufklärung meint Körperaufklärung und Informationen über biologische Fakten. Fragen rund um das Thema Sexualität sind Bestandteile der kindlichen Sexualaufklärung.
1.4 Sexuelle Bildung
Die sexuelle Bildung beschäftigt sich mit der sexualpädagogischen Begleitung durch die Fachkräfte und soll zur selbstbestimmten Gestaltung von Beziehungs- und Lebensweisen beitragen. Im Fokus steht dabei die Förderung von Ressourcen und Bedürfnissen. Die jeweilige Umsetzung unterscheidet sich aufgrund der Altersstruktur zum Teil deutlich zwischen Kindergarten und Hort.
1.5 Prävention
Die Prävention berücksichtigt alle zuvor genannten Bereiche und fordert eine Sensibilisierung und Aufklärung der Fachkräfte und Familien zum Schutze des Kindes.
Die Sexualität ist Teil der menschlichen Entwicklung und verändert sich im Laufe eines Lebens. Die Sexualentwicklung beginnt schon vor der Geburt eines Menschen im Mutterleib. Im Fachgebrauch unterscheiden wir zwischen kindlicher und erwachsener Sexualität. Im Folgenden geben wir einen Überblick über die kindlichen Entwicklungsphasen im Bereich der Sexualpädagogik.
2.1 Sexualpädagogische Entwicklungsphasen eines Kindes
Viertes und fünftes Lebensjahr: Kindergartenalter
Zu diesem Zeitpunkt haben Kinder im Regelfall ein klares Bewusstsein über das eigene Geschlecht sowie über Geschlechterrollen. Freundschaften werden zu beiden Geschlechtern entwickelt. Außerdem werden im Kindergartenalter erste „Doktorspiele“ praktiziert. Zur Entspannung, Beruhigung und für das eigene innere Wohlbefinden stimulieren sich manche Kinder während dieser Zeit häufiger. Auch die Neugierde rund um das Thema Fortpflanzung nimmt zu, was sich ebenfalls vermehrt im Spielverhalten der Kinder in Form von Rollenspielen (Familie, Schwangerschaft, Geburt) zeigt.
Sechstes und siebtes Lebensjahr: Vorschulalter
In dieser Phase fokussieren sich Kinder bevorzugt auf das eigene Geschlecht, was wiederum dazu führt, dass sich Jungs- und Mädchengruppen etablieren. Viele Kinder tauchen in Traumwelten ab und denken darüber nach, verliebt zu sein oder zu heiraten. Dabei lassen sie ihrer Phantasie freien Lauf. Gleichzeitig agieren Kinder nicht mehr so unbefangen, was mit einem wahrnehmbaren Schamgefühl zusammenhängt. Im Vorschulalter widmen sich Kinder mehrheitlich neuen Zielen, da sexuelle Aspekte in den Hintergrund geraten. Außerdem lernen die Kinder in diesem Alter, Regeln und Grenzen sowohl zu testen als auch anzuerkennen und schauen sich dies meist von ihren eigenen Rollenvorbildern ab. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist in diesem Alter auch, dass die Kinder unmittelbar vor dem Übertritt in die Schule stehen. Damit verbunden ist ein erstes Erlangen des Bewusstseins für Körperhygiene. Themen wie „Körpergeruch“, „Duschen“ oder die Verwendung von Deodorants rücken in den Fokus, insbesondere bei Kindern im Hortalter.
Achtes bis zehntes Lebensjahr: Hortalter
Kinder fangen statistisch gesehen in diesem Alter an, sich das erste Mal zu verlieben und/oder Doktorspiele im Verborgenen zu spielen. Außerdem setzen sich mit dem eigenen Körper bewusster auseinander was zur Folge hat, dass die Kinder einen größeren Wunsch nach Privatsphäre entwickeln und diese auch öfter einfordern. Mit dem Eintritt in das Schulalter entwickelt sich der Körper für Kinder wahrnehmbarer, die Kontrolle über die eigene Stimmung und die eigenen Gefühle gerät im Rahmen der (Vor-)Pubertät hin und wieder aus den bisherigen Bahnen. Gleichzeitig mit dem Anstieg des Schamgefühls steigt der Wissensdurst bezüglich eben dieser Themen an und muss ernsthaft und gleichermaßen behutsam begleitet werden.
2.2 Nähe und Distanz
Benötigt ein Kind Unterstützung, Trost oder Zuwendung, kommt das pädagogische Personal diesem Bedürfnis angemessen, auch im Hinblick auf das jeweilige Alter des Kindes, nach. Körperkontakt (in den Arm nehmen) findet dahingehend möglichst im öffentlichen Raum statt und erfolgt ausschließlich auf Wunsch des Kindes. Das Kind definiert dabei die Nähe sowie die folgende Trennung (Abgrenzung). Auch im verbalen Umgang gibt es in der Nähe-Distanz-Beziehung zwischen Kind und Erwachsenem klare Vorgaben und Grenzen. Kosenamen und Verniedlichungen sind nicht Bestandteil einer professionellen Betreuungsdynamik und bleiben den Erziehungsberechtigten vorbehalten.
So wie Kinder klare Grenzen setzen dürfen, leben dies auch, im Rahmen der Vorbildfunktion, die Erwachsenen vor. Auch im Rahmen einer gegenseitigen Umarmung muss eine pädagogische Kraft nicht jede Berührung tolerieren und kommuniziert dies dem Kind entsprechend. So lernen Kinder sowohl eigene Grenzen zu setzen, als auch die von anderen Menschen zu erfahren und respektieren.
Speziell im Altersbereich der Hortkinder gestaltet sich die Beziehung hinsichtlich Nähe und Distanz noch einmal deutlich differenzierter als im Kindergarten. Das pädagogische Personal muss genau darauf achten, wie nah ein eventueller körperlicher Kontakt zwischen Erwachsenem und Kind nötig ist. Gerade im Anfangsstadium der Pubertät können Kinder unbeabsichtigt überschwänglich oder grenzüberschreitend reagieren bzw. eine als Trost zu verstehende Umarmung oder Berührung eines Erwachsenen vollkommen anders interpretieren. Hier muss seitens des pädagogischen Personals noch deutlich klarer und intensiver zunächst auf verbaler Ebene eine Lösung gesucht bzw. der konkrete Wunsch des Kindes in Erfahrung gebracht werden.
Situationen, die Intimsphäre erfordern:
In Situationen kommt, Intimsphäre erfordern (z.B. Umziehen), schafft das pädagogische Personal die entsprechend nötigen räumlichen Gegebenheiten um für einen geschützten Rahmen zu sorgen.
Toilettengang:
Die Kindergartenkinder werden grundsätzlich von einem Erwachsenen zur Toilette begleitet. Dies dient der Sicherstellung der Intimsphäre jedes einzelnen Kindes sowie um im Ernstfall unterstützen zu können, wenn ein Kind Hilfe benötigt.
Die Hortkinder dürfen alleine auf die Toilette gehen, müssen sich aber in der Gruppe abmelden. So hat das pädagogische Personal jederzeit einen genauen Überblick über An- und Abwesenheiten.
2.3 Prävention von sexuellen Übergriffen
Generell und für beide Altersbereiche unserer Einrichtung gilt für jedes Kind: „Mein Körper gehört mir!“
Die unmittelbare und vorrangige Aufgabe jeder pädagogischen Kraft ist es, den Kindern zu vermitteln, dass „Nein“ auch „Nein“ heißt, sofort und beim allerersten Mal und das dieses „Nein“ jeder anderen Person gegenüber gilt.
Im Kindergarten wird dahingehend, unter anderem beim Auftreten von sogenannten „Doktorspielen“, durch einfühlsames, verlässliches, verständnisvolles und konsequentes Handeln durch das pädagogische Personal der Grundstein für Selbstachtung und Selbstbewusstsein im Umgang mit eigenen und fremden Grenzen gelegt.
2.4 Regeln unter den Kindern
Beginnend mit der Wahrnehmung des eigenen Körpers, der Benennung der einzelnen Körperteile, inklusive der Geschlechtsorgane, steigt das Interesse der Kinder am Erkunden des eigenen Körpers stark an. Auch das Interesse an den jeweiligen Unterschieden zu den Körpern anderer rückt mehr und mehr in den Fokus. Wir greifen dieses natürliche Interesse der Kinder in altersentsprechender Form (Gespräche, Bilderbücher) auf und gehen gezielt auf Fragen der Kinder ein.
Die Entwicklung der Geschlechteridentität ist im frühen Grundschulalter nicht zwangsläufig abgeschlossen. Wir nehmen die Kinder in ihrem jeweiligen Rollenverhalten individuell wahr und respektieren sie. Sexuelle Übergriffe oder sexuelle Handlungen die durch z. B. Versprechungen, Drohungen, Erpressung oder Gewalt versucht werden zu erzwingen, unterbinden wir. Sollte ein möglicher Übergriff stattgefunden haben, agieren wir unverzüglich und sensibel nach dem im Kinderschutzkonzept genannten Krisenleitfaden bis zur vollständigen Aufarbeitung. Ebenso agieren wir bei der Einschätzung, dass ein sexueller Übergriff oder Handlung stattgefunden hat oder in Kürze erfolgen könnte. Die Aufarbeitung erfolgt in enger Zusammenarbeit mit dem Träger bzw. der Kindertagesstättenaufsicht in Fürstenfeldbruck.
Wir vermitteln folgende Leitsätze:
- Mein Körper gehört mir („Nein“ heißt „Nein“)
- Ich kann mich auf meine Gefühle verlassen
- Es gibt gute und schlechte Berührungen
- Es gibt gute und schlechte Geheimnisse
- Ich darf immer Hilfe holen, auch wenn es mir verboten wurde
- Körperbewusstsein des Kindes schaffen
- Sinnes- und Körperwahrnehmung schulen und stärken
- Selbstvertrauen stärken
- Den eigenen Körper wertschätzen und achtsam damit umgehen
- Körperhygiene kennen lernen
- Wissen über eigene Körperteile und dessen Funktionen erfahren
- Gefühle erkennen – artikulieren – und zu seinen Gefühlen stehen
- Anderen ihre Grenzen aufzeigen – „NEIN!“ sagen lernen
- Kinder erhalten auf ihre Fragen (z.B.: woher kommen die Babys?) der Altersstufe entsprechend korrekte Antworten
4.1 Regionale Anlaufstellen Landkreis FFB
Zentrale Anlaufstelle des Amtes für Jugend und Familie
Beratung, Vermittlung & Intervention
Tel.: 08141 519-599 oder 08141 519-968
E-Mail: bvi@lra-ffb.de
Kummertelefon
Tel.: 08141 / 512-525
4.2 Überregionale Stellen
Deutscher Kinderschutzbund (DKSB) e.V.
Hinüberstr. 8
30175 Hannover
Tel.: 05 11 / 3 04 85-0
www.dksb.de
PRO FAMILIA
Deutsche Gesellschaft für Familienplanung, Sexualpädagogik und Sexualberatung e.V.
Bundesverband
Stresemannallee 3
60596 Frankfurt am Main
Tel.: 069 / 26 95 779-0
www.profamilia.de
Kinder- und Jugendtelefon
Tel.: 0800 111 0 333
Montag bis Samstag von 14 – 20 Uhr, zusätzlich erreichbar unter der Rufnummer 116111
Beratung im Internet unter www.nummergegenkummer.de
TelefonSeelsorge
Bundesweite Sonderrufnummer bei Krisensituationen und Problemen
Tel.: 0800 111 0 111 oder 0800 111 0 222
rund um die Uhr, kostenlos, anonym, vertraulich
4.3 Internetseiten zum Informieren
https://www.bioeg.de/
https://www.familienhandbuch.de/
https://bis-akademie.de/
https://www.dunkelziffer.de/
4.4 Kinderliteratur
- Dumont V.: Fragen zur Liebe 5- 8 Jahre, arsEdition München 1998
- Enders, U., Wolters, D.: Wir können was, was ihr nicht könnt. Ein Bilderbuch über Zärtlichkeit und Doktorspiele (4-8 Jahre). Köln 2009, mit didaktischem Begleitmaterial
- Fangerström G., Hansson G.: Peter, Ida und Minimum – Hurra, wir kriegen ein Baby! Ravensburger Buchverlag
- Reihe Wieso? Weshalb? Warum? Woher die kleinen Kinder kommen, Ravensburger Buchverlag 2001
- Trinkl B., Kopsa R., Aufgepasst! Lisa und Jakob – Warum bist Du da, Baby?
- Aufklärungsbuch, Ueberreuter/ Tosa Verlag, Wien 1994
Leitung der Kindertageseinrichtung: Alexander R. Düval
Träger der Kindertageseinrichtung: Gemeinde Gröbenzell
Herausgeber dieser pädagogischen Konzeption: Gemeindliches Haus für Kinder Ährenfeldfüchse
Redaktion und damit verantwortlich im Sinne des Presserechts (V.i.S.d.P.): Erster Bürgermeister Martin Schäfer